Drei Fragen an... Kathleen Zeidler vom Verein Romano Sumnal

Das EFBI stellt an dieser Stelle regelmäßig seine Kooperationspartner aus der Zivilgesellschaft vor und stellt ihnen Fragen über ihre Arbeit. Diesmal erklärt Kathleen Zeidler die Arbeit des Vereins Romano Sumnal.

EFBI: Seit wann gibt es Romano Sumnal und worin besteht eure Arbeit?

Zeidler: Unseren Verein gibt es seit 2013. Wir sind eine Selbstvertretungsorganisation für Rom*nja und Sint*izze in Sachsen. Unsere Aufgabe sehen wir darin, Angehörige der Minderheit zu vertreten und zu empowern. Wir bieten Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen an, u.a. Kinder- und Jugendarbeit in Torgau und eine Sozial- und Migrationsberatung. Außerdem informieren wir die Mehrheitsgesellschaft über Antiziganismus und über das Leben und die Kultur von Rom*nja und Sint*izze in Sachsen. Dazu gehört das Kulturfestival „Latcho dives“, welches zuletzt im Juni 2022 in Leipzig stattfand. Auch öffentliches Gedenken ist ein wichtiger Bestandteil unserer Tätigkeit. Wir begehen regelmäßig den 8. April, den Internationalen Tag der Roma. Zu diesem Anlass wurde dieses Jahr zum ersten Mal die Flagge der Roma vor dem Leipziger Rathaus gehisst. Am 27. Januar und am 2. August gedenken wir dem nationalsozialistischen Völkermord an Sint*izze und Rom*nja. Teil unserer Arbeit ist auch die historische Aufarbeitung der Geschichte von Rom*nja und Sint*izze in Sachsen.

EFBI: Ihr habt kürzliche die Meldestelle MIA gegründet. Wie funktioniert die Meldestelle?

Zeidler: Bei der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus in Sachsen können sich Menschen melden, die antiziganistische Vorfälle selbst erlebt oder beobachtet haben. MIA Sachsen ist Teil eines bundesweiten Netzwerks und wird vom Bundesinnenministerium gefördert. Rassismus gegenüber Rom*nja und Sint*izze kann sich ganz verschieden äußern – z.B. durch die beleidigende Fremdbezeichnung „Z***“, durch Benachteiligung in den Bereichen Bildung, Arbeit oder Wohnen, durch Leistungsverweigerung durch Behörden, durch racial profiling oder dadurch, dass der Völkermord an Sint*izze und Rom*nja geleugnet oder verharmlost wird. Wir behandeln die Meldungen auf Wunsch anonym und bieten auch eine Erst- und Verweisberatung an. MIA ist über ein Formular auf unserer Homepage, über soziale Netzwerke unseres Vereins und über Sprachnachrichten niedrigschwellig erreichbar. Es gibt auch eine öffentliche Sprechstunde. Wir dokumentieren antiziganistische Vorfälle in ganz Sachsen. Dazu arbeiten wir mit einer breiten Palette anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammen.

EFBI: Was wünscht ihr euch für die Zukunft der Zivilgesellschaft in Sachsen?

Zeidler: Wir begrüßen das vielfältige zivilgesellschaftliche Engagement in Sachsen, insbesondere die zahlreichen Initiativen, die sich gegen Diskriminierung, Rassismus und rechte Gewalt engagieren. Wir wünschen uns, dass diese Initiativen auch in Zukunft fortbestehen und noch weiter ausgebaut werden – und dass sie Antiziganismus bei ihrer Arbeit stärker berücksichtigen. Der derzeitige weit verbreitete zivilgesellschaftliche Einsatz für Geflüchtete aus der Ukraine zeigt, wie viel Potential hier vorhanden ist. Es wäre wünschenswert, wenn sich das auch künftig erhält und z.B. auch anderen Geflüchteten zuteil wird. Beispielsweise ist noch wenig bekannt, dass unter den aus der Ukraine Geflüchteten auch Rom*nja sind. Wir wünschen uns, dass diese gleichermaßen von zivilgesellschaftlichen Hilfestrukturen unterstützt werden wie andere Ukrainer*innen. Zudem wünschen wir uns, dass Zivilgesellschaft auch in den Landkreisen und im ländlichen Raum noch weiter gestärkt wird.

Die Fragen stellten Pia Siemer und Tilman Meckel.

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