Kommentar zum Erhalt des Lehrbereichs der Geschlechtergeschichte an der Universität Jena

Im Namen des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung in Sachsen begrüßen wir die Wiederaufnahme von Gesprächen zum Erhalt der Professur für Geschlechtergeschichte an der Universität Jena. Dies soll im Folgenden kurz begründet werden.

Aus der Perspektive der Demokratieforschung erscheint der Lehrbereich unbedingt erhaltenswert, da die Ausgestaltung von Geschlechterverhältnissen für Demokratieprozesse eine entscheidende Rolle spielt. Eine historisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kategorie Geschlecht dient der Analyse von Macht- und Ungleichwertigkeitsverhältnisse in historisch spezifischen Konstellationen, aber auch einem besseren Verständnis der Gegenwart, in der autoritäre Dynamiken eine Gefahr für demokratische Prozesse darstellen.

Eine solche Analyse ist vor dem aktuellen Hintergrund notwendig. Derzeit verzeichnen wir einen Anstieg von antifeministischen Einstellungen in der deutschen Bevölkerung. Die Ergebnisse der repräsentativen Leipziger Autoritarismus Studie 2022 zeigen, dass 25 % der befragten Personen ein antifeministisches Weltbild teilen, dabei kam es zu einem Anstieg von 6 % gegenüber der vorherigen Befragung aus dem Jahr 2020.

Antifeminismus dient als Mobilisierungsstrategie und Brückenideologie für rechtsextreme Akteure bis in die 'Mitte' der Gesellschaft, ebenso können antifeministische Einstellungen als Einstieg in ein rechtsautoritäres Denken und in rechte Überzeugungen fungieren. Das sehen wir auch an der hohen Korrelation von Antifeminismus mit rechtsextremen Einstellungen, bei gleichzeitig stärkerer Verbreitung von antifeministischen Einstellungen gegenüber dem Rechtsextremismus. Daraus ergibt sich ein Gefährdungspotential für die Demokratie, welches historisch nicht neu ist, bereits die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm wies auf die Überschneidungen von Antifeminismus zu antidemokratischen und reaktionären Bewegungen hin. Ein historisches Verständnis für diese Zusammenhänge ist unabdingbar für die Analyse der gegenwärtigen antidemokratischen Tendenzen und Bewegungen in unserer Gesellschaft, die Analysekategorie Geschlecht sollte dabei immer Berücksichtigung finden. Das unterlegt unsere Forschung, als auch eine gesellschaftliche Realität, in der Ungleichwertigkeit und Gewalt aus einem hierarchischen Geschlechterverhältnis erwächst.

 

Weitere Lektüre:

Kalkstein, Fiona/ Pickel, Gert/ Niendorf, Johanna/ Höcker, Charlotte/ Decker, Oliver (2022). Antifeminismus und Geschlechterdemokratie. In: Decker, Oliver/Kiess, Johannes/ Heller, Ayline/ Brähler, Elmar (Hg.). Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Neue Herausforderungen – alte Reaktionen. Leipziger Autoritarismus Studie 2022. Psychosozial-Verlag. S. 245-270. https://www.researchgate.net/publication/365860994_LAS2022AntifeminismusGeschlechterdemokratie.

Höcker, Charlotte/ Niendorf, Johanna (2022). Antifeminismus als autoritäre Konfliktabwehr. blog interdisziplinäre geschlechterforschung.14.06.2022. https://www.gender-blog.de/beitrag/antifeminismus-als-autoritaere-konfliktabwehr.

Zurück